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Das Berliner Testament verstehen: Was Ehepartner und Lebenspartner wissen sollten

Bild Dr. jur. Stephan SeitzAutor:
Zuletzt aktualisiert: 21. April 2024
Bitte beachten: Rechtliche Hinweise

Das Berliner Testament ist eine weit verbreitete Form des gemeinschaftlichen Testaments in Deutschland, bei dem Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und ihre gemeinsamen Kinder (oder andere als Schlusserben eingesetzte Personen) erst nach dem Tod des länger lebenden Partners erben.

Berliner Testament: Das gemeinschaftliche Testament

Das Berliner Testament ist eine Form des gemeinschaftlichen Testaments, das von Ehepartnern oder eingetragenen Lebenspartnern errichtet werden kann. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht in § 2265 BGB die Möglichkeit vor, dass Ehegatten oder Lebenspartner ein gemeinschaftliches Testament errichten können. In einem solchen Testament können die Partner gemeinsam Verfügungen über ihr Vermögen treffen, die erst nach dem Tod eines der Partner Wirkung entfalten.

Die Errichtung des Berliner Testaments

Ein Berliner Testament kann handschriftlich oder notariell errichtet werden. Handschriftlich bedeutet, dass das Testament von beiden Ehegatten oder Lebenspartnern eigenhändig geschrieben und unterschrieben werden muss. Dabei sollten Ort und Datum der Errichtung sowie der Vor- und Nachname der Partner deutlich angegeben werden. Eine Vorlage oder ein vorgedrucktes Muster sollte nicht verwendet werden, um die Eigenhändigkeit der Erklärung sicherzustellen.

Eine notarielle Beurkundung bietet den Vorteil, dass die Formalitäten und inhaltlichen Anforderungen von einem Notar geprüft werden, was spätere Streitigkeiten und Unklarheiten vermeiden kann. Eine notarielle Beurkundung ist allerdings mit Kosten verbunden, die sich nach dem Geschäftswert der Angelegenheit richten.

Berliner Testament

Die Bindungswirkung des Berliner Testaments

Eine wichtige Besonderheit des Berliner Testaments ist die Bindungswirkung, die mit der gegenseitigen Einsetzung der Ehepartner oder Lebenspartner als Alleinerben einhergeht. Diese Bindungswirkung bedeutet, dass die Partner nach dem Tod des Erstversterbenden in ihrer Testamentsgestaltung eingeschränkt sind. Sie können das Berliner Testament grundsätzlich nicht mehr einseitig ändern oder aufheben. Diese Regelung dient der Sicherheit des überlebenden Partners, der sich darauf verlassen können soll, dass die im Testament getroffenen Regelungen Bestand haben.

Ausnahmen von der Bindungswirkung können in dem Testament selbst vereinbart werden, etwa in Form einer sogenannten "Wiederverheiratungsklausel" oder einer "Änderungsklausel". Eine solche Klausel erlaubt es dem überlebenden Partner, das Testament unter bestimmten Umständen zu ändern oder aufzuheben. Eine Änderungsklausel kann zum Beispiel vorsehen, dass der überlebende Partner das Testament ändern darf, wenn sich die Lebensverhältnisse grundlegend ändern oder wenn ein gemeinsames Kind vorverstirbt.

Die gesetzliche Erbfolge und Pflichtteilsansprüche

Beim Berliner Testament werden die gesetzlichen Erben (meist die gemeinsamen Kinder) zunächst von der Erbfolge ausgeschlossen (siehe auch Erbrechner). Sie erben erst nach dem Tod des länger lebenden Partners. Dies kann jedoch zu Pflichtteilsansprüchen führen, die die Kinder gegen den überlebenden Partner geltend machen können. Der Pflichtteil entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils und besteht in Geld (siehe auch Pflichtteilsrechner). Der Anspruch auf den Pflichtteil ist gesetzlich vorgesehen und soll sicherstellen, dass nahe Angehörige wie Kinder oder Eltern nicht vollständig enterbt werden können.

Um unerwünschte Pflichtteilsansprüche zu vermeiden oder zumindest einzuschränken, können die Ehepartner oder Lebenspartner im Testament verschiedene Regelungen treffen. Eine Möglichkeit ist die Aufnahme einer sogenannten "Pflichtteilsstrafklausel". Diese Klausel bewirkt, dass die Kinder, die ihren Pflichtteil beim Tod des ersten Partners geltend machen, auch beim Tod des zweiten Partners nur ihren Pflichtteil erhalten und nicht mehr erben. Damit soll ein Anreiz geschaffen werden, auf die Geltendmachung des Pflichtteils zu verzichten.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Kinder im Testament als Erben des letztversterbenden Ehegatten einzusetzen, ohne die Formulierung Berliner Testament zu verwenden. Auf diese Weise kann die Bindungswirkung des Berliner Testaments vermieden und eine Anpassung der Regelungen durch den überlebenden Ehegatten erleichtert werden. Allerdings ist diese Formulierung rechtlich weniger sicher, da sie in der Praxis unterschiedlich interpretiert werden kann.

Die Vor- und Nacherbschaft bei Berliner Testament

Ein weiterer Aspekt des Berliner Testaments ist die Regelung der Vor- und Nacherbschaft. Die Ehepartner oder Lebenspartner können bestimmen, dass der überlebende Partner zunächst nur Vorerbe und die gemeinsamen Kinder (oder andere Schlusserben) Nacherben werden. Als Vorerbe hat der überlebende Partner das Vermögen grundsätzlich nur treuhänderisch zu verwalten und muss es ungeschmälert an die Nacherben weitergeben. Diese Regelung kann insbesondere sinnvoll sein, wenn das Vermögen überwiegend aus Betriebsvermögen besteht oder die Partner sicherstellen möchten, dass das Vermögen im Erbfall ungeteilt an die Kinder übergeht.

Die Vor- und Nacherbschaft kann jedoch auch Nachteile haben. So ist der Vorerbe in der Verwaltung des Nachlasses eingeschränkt und kann beispielsweise Grundstücke nicht ohne Zustimmung der Nacherben veräußern. Zudem besteht die Gefahr, dass die Nacherbschaft aufgrund von Ereignissen wie der Insolvenz des Vorerben oder der Verjährung der Nacherbschaftsansprüche nicht mehr zur Geltung kommt.

Die Schlusserbeneinsetzung

Im Berliner Testament erfolgt üblicherweise die sogenannte Schlusserbeneinsetzung. Dies bedeutet, dass die Ehepartner oder Lebenspartner bestimmen, wer nach dem Tod des länger lebenden Partners erben soll. In der Regel werden die gemeinsamen Kinder als Schlusserben eingesetzt. Es ist jedoch auch möglich, andere Personen oder Organisationen als Schlusserben zu benennen. Die Schlusserbeneinsetzung dient dazu, den Nachlass nach dem Tod des zweiten Partners geordnet und nach den Wünschen der Testierenden zu verteilen.

Anfechtung des Berliner Testaments

Das Berliner Testament kann unter bestimmten Voraussetzungen angefochten werden. Gründe für eine Anfechtung können zum Beispiel sein:

  • Geschäftsunfähigkeit eines der Partner bei der Errichtung des Testaments
  • Täuschung oder Drohung durch Dritte oder den anderen Partner
  • Unkenntnis über wesentliche Umstände, wie zum Beispiel das Vorhandensein weiterer Kinder

Die Anfechtung muss innerhalb einer Frist von einem Jahr ab Kenntnis der Anfechtungsgründe erfolgen. Durch die Anfechtung wird das Testament unwirksam, und es tritt die gesetzliche Erbfolge ein, sofern kein anderweitiges Testament vorhanden ist.

Steuerliche Aspekte

Die Erbschaftsteuer spielt beim Berliner Testament eine wichtige Rolle. Beim Tod des ersten Partners fallen Erbschaftsteuern an, sofern der Freibetrag von 500.000 Euro überschritten wird. Bei der Weitergabe des Vermögens an die Schlusserben nach dem Tod des zweiten Partners fällt unter Umständen nochmal Erbschaftsteuer an. Hierbei gelten die jeweiligen Freibeträge und Steuersätze, die vom Verwandtschaftsgrad und der Höhe des Erbes abhängen. Für Kinder beträgt der Freibetrag derzeit 400.000 Euro. Eine Berechnung können Sie über meinen Erbschaftssteuerrechner vornehmen.

Um die Erbschaftsteuerlast für die Schlusserben zu reduzieren, können die Ehepartner oder Lebenspartner im Testament verschiedene Regelungen treffen. Eine Möglichkeit ist die Einsetzung von Vermächtnisnehmern, die bestimmte Vermögenswerte erhalten sollen, um die Erbschaftsteuerlast auf mehrere Personen zu verteilen. Eine weitere Option ist die Stiftung eines Familienvermögens, das steuerlich begünstigt behandelt wird und den Erben zugutekommt.

Die Alternative zum Berliner Testament: Das Testament mit Vermächtnis

Eine Alternative zum Berliner Testament ist das Testament mit Vermächtnis. Hierbei setzen sich die Ehepartner oder Lebenspartner nicht gegenseitig als Alleinerben ein, sondern verfügen, dass der überlebende Partner ein Vermächtnis erhält. Dies kann zum Beispiel ein lebenslanges Wohnrecht, ein Nießbrauchsrecht an einem Grundstück oder ein Nutzungsrecht an einem Bankkonto sein. Diese Regelung ermöglicht es, die Bindungswirkung des Berliner Testaments zu vermeiden und bietet den Partnern mehr Flexibilität in der Testamentsgestaltung. Allerdings hat das Testament mit Vermächtnis auch Nachteile: So ist der überlebende Partner nicht automatisch zur Verwaltung des gesamten Nachlasses berechtigt und kann beispielsweise Grundstücke nicht ohne Zustimmung der übrigen Erben veräußern. Zudem kann die Regelung der Vermächtnisse komplex sein und zu Streitigkeiten zwischen den Beteiligten führen.

Fazit

Das Berliner Testament ist eine weit verbreitete und praktische Möglichkeit für Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner, sich gegenseitig abzusichern und ihren Nachlass gemeinsam zu regeln. Durch die gegenseitige Einsetzung als Alleinerben wird der überlebende Partner finanziell abgesichert, und die Schlusserbeneinsetzung sorgt dafür, dass der Nachlass nach dem Tod des länger lebenden Partners nach den Wünschen der Testierenden verteilt wird.

Jedoch sollten die Ehepartner oder Lebenspartner bei der Errichtung eines Berliner Testaments auch die Bindungswirkung und mögliche Pflichtteilsansprüche berücksichtigen. Eine sorgfältige Planung und gegebenenfalls die Einbindung eines Notars oder Rechtsanwalts können helfen, spätere Streitigkeiten und Probleme zu vermeiden.

Um auf individuelle Bedürfnisse und spezielle Vermögenssituationen einzugehen, kann es ratsam sein, alternative Regelungen wie die Vor- und Nacherbschaft oder das Testament mit Vermächtnis in Betracht zu ziehen. In jedem Fall ist es wichtig, sich frühzeitig über die verschiedenen Möglichkeiten der Testamentsgestaltung zu informieren und eine passende Regelung zu treffen, um die Versorgung des überlebenden Partners und die Weitergabe des Vermögens an die gewünschten Erben sicherzustellen.

Berliner Testament: Quellenangaben und weiterführende Literatur

Die Informationen auf dieser Seite sind sorgfältig recherchiert und zusammengetragen. Folgende Quellen und weiterführende Literatur empfehle ich im Kontext Berliner Testament:

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